
Thomas Mann: Unterwegs zur Demokratie
vhs Calw
20.11.2025
Zum 150. Geburtstag des Autors, Thomas Mann, Vortrag mit Dr. Kurt Oesterle
Der Weg des Schriftstellers Thomas Mann (1875-1955) zur Demokratie ist verschlungen, der Literaturwissenschaftler und Journalist Dr. Kurt Oesterle hat diesen erforscht: Begonnen hatte der Autor der „Buddenbrooks“, des „Zauberbergs“ und des „Doktor Faustus“ noch als Vertreter obrigkeitsstaatlichen Denkens. Er beanspruchte für sich das Bürgerrecht, unpolitisch zu sein, und wollte alles Politische weitestgehend dem Staat und seinen Experten überlassen. Kultur stand für ihn in scharfem Gegensatz zur Zivilisation. In der Auffassung gesellschaftlichen Zusammenlebens sah er zwischen Deutschland und Russland weit mehr Gemeinsamkeiten als zwischen Deutschland und den westeuropäischen Demokratien, deren Regierungsform ihm keinesfalls zu den Deutschen zu passen schien. So sind Thomas Manns „Betrachtungen eines Unpolitischen“ (1918) ein einzigartiges Dokument des sogenannten deutschen Sonderwegs. Sein Umdenken setzte erst später ein, und nach der Ermordung des liberalen Außenministers Walter Rathenau durch Rechtsradikale im Sommer 1922 hielt er der Weimarer Republik mit landesweitem Echo eine programmatische Rede unter dem Titel „Von deutscher Republik“. In wenigen Jahren wurde Thomas Mann danach zum gewichtigsten Fürsprecher der Demokratie unter Deutschlands Schriftstellern und zu ihrem nimmermüden Verteidiger gegen eine stetig wachsende Zahl von Feinden. Doch erst im amerikanischen Exil, wo sich der ganze Horizont demokratischer Möglichkeiten vor ihm auftat, ließ Thomas Mann die letzten Zweifel, Unsicherheiten oder auch Anfechtungen aus seiner früheren, demokratiefeindlichen Gesinnungswelt endgültig hinter sich. Summarisch niedergelegt hat er die eigene Entwicklung zum Demokraten und Republikaner in der grandiosen Rede „Deutschland und die Deutschen“, die er bald nach dem Kriegsende 1945 in mehreren amerikanischen Städten hielt.
Veranstaltungsort
vhs CalwKirchplatz
75365 Calw